08/09/2017
Morgen!: Ein Auftritt; In Erfurt; Um 17 Uhr; Genau: Da:
https://www.facebook.com/events/111750082841897/
Große Werbeaktion. Plakate in der ganzen Stadt. In einer mietbaren Lagerzelle am Arsch der Welt, subversive Aktion. Nieder mit dem Kunstbetrieb. Nieder mit den faschistischen Allüren der politischen Mitte, nieder mit der Heteronormativität. Dünnbrüstiger Kampfschrei. Mein Interesse ist nicht geweckt. Aber die Unbeholfenheit der Flyer rührt mich. Deplatzierter Beschützerinstinkt. Informiere mich über Facebook. Die Künstler haben eine Beschreibung der Installation gepostet. Man muss sie direkt kontaktieren, um einen Schlüssel für die Lagereinheit zu erhalten. Sie befindet sich in einem langen Gang der gleichförmigen Türen. Man wird lange probieren müssen, um die richtige Tür zu finden. Im Raum, nichts. Nur ein Stuhl in der Ecke. Durch sein Sitzfläche wurde von unten ein Nagel geschlagen. Auf dem Nagel... Karotte! Jeden Mittag um 12.30 kommt ein Mann im blauen Overall vorbei und fotografiert die Karotte aus drei verschiedenen Winkeln. Er druckt die Fotos anschließend in Schwarz/Weiß aus und hängt sie in der Lagereinheit an die Wand. Peinlich entblößend dokumentiert er den Verfall der Rübe. All diese Elemente, der Raum, der Stuhl, der Nagel, die Möhre, die Bilder, völlig beliebig. Auf der Facebookseite schließen sich lange Diskussionen zum symbolischen Gehalt der Installation an. Aber ich sage euch: sie hat keinen! Die Karotte liegt bloß vor dir, phallisch, penetriert und dokumentiert, und doch, wer blödet, ist selbst schuld; wolltest behaupten, sie drücke etwas über Gay- Porn aus. Sie steht auch in keinerlei Beziehung zum Kampfschrei, dem dünnbrüstigen. Die Karotte liefert keine Sinnangebote. Ist sie ein Mahnmal des Scheiterns? Stummer Wächter der Bedeutungsgier ihrer Voyeure? Nicht mal das. Sie karottiert vor sich hin und ich denke mir, da müsste man mal hin. Fahre also zum Gang mit den gleichförmigen Türen, probiere lange mit einem Schlüssel, der mir in einem Café überreicht wurde. Finde endlich das passende Schloss. Drücke die Klinke, trete ein. Liegt da vor mir: eine Kartoffel.